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Kammermusik im Frauenzimmer
Kritik von Gabriele Pilhofer auf klassik.com,
14.06.2005
(...) Mit dem Erstling des Ensembles, erschienen bei dem Label bonne
musique und bestückt mit Klaviertrios von Fanny Hensel, Joanna Bruzdowicz
und Rebecca Clarke, schallt uns in jeder Hinsicht gute Musik entgegen.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Singen, denken, hoffen
Das rund viertelstündige Trio dei due mondi der 1943 in Polen
geborenen Joanna Bruzdowicz ist 1980 in Amerika entstanden und lässt die
geografisch und kulturell weit auseinander liegenden Kontinente Europa und
Amerika in dieser Partitur etwas näher zusammen rücken. Vor allem
im zentralen Mittelsatz Pensieroso tragen die beiden Streicher
in naiven, spröden Tonfolgen ihre Gedanken darüber im geraden, gleichmäßigen
Puls vor. Das Klavier mischt sich als provokanter Gegenpol und Quertreiber
in das Geschehen ein und bringt je nach Stadium Hitze oder Abkühlung in
die Diskussion. Im einleitenden Satz Cantando prüfen nacheinander
Geige, Cello und Klavier die eigenen Gesangskünste, was in einem unversöhnlichen
Streit endet. Ein lebendiges, leidenschaftliches Nebeneinander von Rhythmen,
Tempi, Artikulationsformen und Tonfolgen der drei Instrumente im Schlusssatz Con
speranza lässt indes darauf hoffen, dass mit der richtigen Portion
Humor und Toleranz doch noch so was wie wohlklingende Verständigung zustande
kommt.
Very british
Im Klaviertrio aus dem Jahre 1921 von der Engländerin Rebecca Clarke (1886-1979)
verschafft sich der Geist des eindringlichen, wehmütigen und höchst
sinnlichen Themas schon in den Einleitungstakten gehörigen Respekt mit
bauchigen, vollgriffigen Akkorden und hämmernder Rhythmik. Zwischendurch
wiederum stupsen zarte, perlende und süßlich-markante Motive die
Hängematte an und wiegen ihre Zuhörer in betörende Klänge.
Mitunter sieht man den osteuropäischen Kollegen Béla Bartók über
die Partitur galoppieren, wenn uneitler britischer Humor zuschlägt und
uns derbe Bauerntänze an die Ohren führt.
Unerschrocken
Vielleicht werden TroisFemmes mit dieser Einspielung weniger durch virtuose
Fingerfertigkeit oder makellose Intonation überzeugen können, durchaus
aber als lustvoll zupackendes Ensemble, das sowohl zum Stolz und überschäumender
Wut auflaufen als auch mit sensibler Freude die einkomponierten Klangfarben
in Ohren kitzelnde Bilder verwandeln kann. Die akustisch satte Aufnahme und
die künstlerische Präsenz dieses Klangkörpers bestrickt. Auch
wenn von dem romantischen Klaviertrio d-Moll op. 11 von Fanny Hensel (1805-1847)
sorgfältiger eingespielte Aufnahmen existieren, so tragen TroisFemmes
mit ihrer selbstbewussten Interpretation den unerschütterlichen Geist
der Komponistin zu Tage: Dass sie sich handwerklich und künstlerisch nämlich
in keiner Weise hinter ihrem berühmten Bruder, Felix Mendelssohn Bartholdy,
versteckt und sie trotz des damals restriktiven Rollenverständnisses von
der Frau auf selber Augenhöhe mit ihm und all seinen männlichen Kollegen
komponiert.
Weibs-Bilder
Was lernen wir daraus? Nichts, was heute noch irgend jemanden ernsthaft überraschen
könnte. Wahre Kunst kennt das Geschlecht ihres Schöpfers nicht und
auch in Frauenzimmern stehen glühende Öfen herum, hinter denen Kammermusik-Freunde
hervor gelockt werden wollen. Weibs-Bilder sind mitunter nicht nur schön
anzuschauen, sondern auch schön anzuhören. Schon weit vor der Quote
- und viel genüsslicher vor allem ohne sie.
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